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Droste in Love

Die bedeutende deutsche Dichterin Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848) verliebt sich in den Sohn ihrer Jugendfreundin, der selbst angehender Dichter ist. Während Levin Schücking für sie eine Muse ist, ist sie für ihn eine Art Mutterersatz. Er heiratet schließlich 1843 eine andere Frau, gibt aber 1860 den lyrischen Nachlass von Annette von Droste-Hülshoff heraus.


Annette von Droste-Hülshoff an Levin Schücking, 1848

 

Guten Morgen, Levin!
Ich habe schon zwei Stunden wachend gelegen und in einemfort an Dich gedacht; ach, ich darf und will Dich nicht weich stimmen, muss auch mir selbst Courage machen und fühle wohl, dass ich mit dem ewigen Tränenweidensäuseln sowohl meine Bestimmung verfehlen als auch Deine Teilnahme am Ende verlieren würde; denn Du bist ein hochmütiges Tier und hast einen doch nur lieb, wenn man was Tüchtiges ist und leistet. Schreib mir nur oft, mein Talent steigt und stirbt mit Deiner Liebe; was ich werde, werde ich durch Dich und um Deinetwillen; sonst wäre es mir viel lieber und bequemer, mir innerlich allein etwas vorzudichten. Sobald ich diesen Brief geschlossen, geht’s con furore ans Werk; ich bin wieder in der furchtbaren Stimmung, wo die Gedanken und Bilder mir ordentlich gegen den Hirnschädel pochen und mit Gewalt ans Licht wollen, und denke, Dir die Beiträge sehr bald schicken zu können, obwohl gewiss der Psalm wieder um zwei Drittel zu lang werden wird, die Du dann mit wahrer Chirurgenkälte amputierst. Mich dünkte, könnte ich Dich alle Tage nur zwei Minuten sehn – o Gott, nur einen Augenblick! – dann würde ich jetzt singen, dass die Lachse aus dem Bodensee sprängen und die Möwen sich mir auf die Schulter setzten! Wir haben doch ein Götterleben hier geführt, trotz Deiner periodischen Brummigkeit! Ob ich Dir bös bin? Ach, Du gut Kind, was habe ich schon für bittere Tränen darüber geweint, dass ich Dir noch zuletzt so harte Dinge gesagt hatte! Und doch war vieles Wahres darin. Aber mich vergisst Du doch nicht, was die Zeit auch daran ändern mag; wenn der eine Haken bricht, so hält der andere; Dein Mütterchen bleibe ich doch, und wenn ich auch noch 40 Jahre lebe; nicht wahr, mein Junge? Mein Schulte, mein kleines Pferdchen – was hängen alles für Erinnerungen, die nie verlöschen können, an beiden Titeln! Schreib mir, dass Du mich lieb hast; ich habe es so lange nicht ordentlich gehört und bin so hungrig darauf, Du dummes, nichtswürdiges kleines Pferd!
(…) Adiau, Levin, behalt Dein Mütterchen lieb, stelle Dir oft vor, dass ich bei Dir wäre und Du mir alles erzähltest und vertrautest, wie wir da zusammen waren: Bitte, denk das oft, so wird in Dienem Herzen nie eine Frage gegen mich kommen; ich will Dir auch immer alles sagen.
Adieu, lieb Herz.


Infos zu Annette von Droste-Hülshoff und ihrer Verbindung zu Levin Schücking

...gibt hier es in einem Podcast (22 Minuten) auf Bayern 2.

 


Eines der bekanntesten Werke Droste-Hülshoff ist die Judenbuche. Lasst Euch das mit "Weltliteratur to go" nacherzählen!