Pressefreiheit

Freiheit der Presse ist Angelegenheit und Interesse des ganzen Menschengeschlechts.

 

Christoph Marin Wieland, Die Rechte und Pflichten der Schriftsteller

 


von kerstin bönsch

 

PRESSEFREIHEIT

 

Christoph Martin Wieland (1733-1813) lebte in einer Zeit, in der Pressefreiheit weder selbstverständlich noch ein (Menschen-)Recht war. Zensur gab es schließlich seit der Erfindung des Buchdrucks, zunächst vor allem von religiöser Seite. Mit der Reformation verstärkte sich die staatliche Zensur und gipfelte im Verbot der Schriften von Martin Luther. Im 18. Jahrhundert – zu Wielands Lebzeiten – setzte eine regelrechte Leserevolution ein: Zeitungen, Zeitschriften und Bücher schossen aus dem Boden. Parallel dazu verlagerte sich das Gewicht der Zensur von religiösen Themen hin zu politischen und gesellschaftlichen Themen. Zensoren waren Theologen, Professoren, Bibliothekare und staatliche Bedienstete, die gegen ein Honorar Bücher und Zeitschriften zensierten. Wieland setzte sich als Schriftsteller und Herausgeber der auflagenstärksten und langlebigsten Zeitschrift des 18. Jahrhunderts – dem Teutschen Merkur – für die Pressefreiheit ein. Pressefreiheit sah er als Menschenrecht an, weil der Mensch als Vernunftwesen ein Recht auf Erkenntnis und Wahrheit haben sollte. Heute ist Pressefreiheit ein Kernbereich der Menschenrechte. In Artikel 19 heißt es: „Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.”


In seiner Schrift Die Rechte und Pflichten der Schriftsteller aus dem Jahr 1785 macht sich Wieland für eine freie, unabhängige Presse stark:
„Freiheit der Presse ist Angelegenheit und Interesse des ganzen Menschengeschlechtes. Ihr haben wir hauptsächlich die gegenwärtige Stufe von Kultur und Erleuchtung, worauf der größere Teil der Europäischen Völker steht, zu verdanken. Man raube uns diese Freiheit, so wird das Licht dessen wir uns gegenwärtig freuen, bald wieder verschwinden; Unwissenheit wird bald wieder in Dummheit ausarten und Dummheit uns wieder dem Aberglauben und Despotismus preisgeben. Die Völker werden in die Barbarei der finsteren Jahrhunderte zurücksinken; und wer sich dann erkühnen wird Wahrheiten zu sagen, an deren Verheimlichung die Unterdrücker der Menschheit gelegen ist, wird ein Ketzer und Aufrührer heißen, und als Verbrecher bestraft werden.“

 

Wie ist es heutzutage um die Pressefreiheit bestellt? Laut „Reporter ohne Grenzen“ (RSF) nimmt die Unterdrückung von unliebsamen Berichterstattungen weltweit zu. Dafür seien Kriege und Krisen sowie das Erstarken von autokratischen Regierungen verantwortlich. In Russland sei die freie Berichterstattung mittlerweile so gut wie unmöglich geworden; in der Türkei steigen die Festnahmen von Medienschaffenden. Und selbst in Deutschland, wo die Pressefreiheit im Grundgesetz verankert ist, gibt es zunehmend physische und psychische Herausforderungen für Journalist*innen, man denke an die Aggressivität gegenüber Reporter*innen am Rande von Demonstrationen.

 


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