Love Letters

Unsere Ausstellung in der Unterführung! Foto: Hans-Peter Hartmann, Biberach

Susanne Maier (Leiterin der Jugendkunstschule Biberach) liest Wielands Liebesbrief an Sophie von La Roche aus dem Jahr 1765

Weitere Infos zu Wieland in Love gibt es unter diesem Link.


Viia schickte uns passend zum Zitat von Rilke ein Liebesgedicht der englischen Schriftstellerin Elizabeth Barrett-Browning (1806-1861), das Rilke einst übersetzte:

 

Wie ich dich liebe? Lass mich zählen wie.
 Ich liebe dich so tief, so hoch, so weit,
 als meine Seele blindlings reicht, wenn sie
 ihr Dasein abfühlt und die Ewigkeit.

 Ich liebe dich bis zu dem stillsten Stand,
 den jeder Tag erreicht im Lampenschein
 oder in Sonne. Frei, im Recht, und rein
 wie jene, die vom Ruhm sich abgewandt.

 Mit aller Leidenschaft der Leidenszeit
 und mit der Kindheit Kraft, die fort war, seit
 ich meine Heiligen nicht mehr geliebt.

Mit allem Lächeln, aller Tränennot
 und allem Atem. Und wenn Gott es gibt,
 will ich dich besser lieben nach dem Tod. (S. 49)
 _____

 In der Übersetzung von Rainer Maria Rilke (1875-1926)

 


Weitere Infos zu Rilke gibt es hier.


Maria und Uwe sind seit über 30 Jahren glücklich verheiratet
Maria und Uwe sind seit über 30 Jahren glücklich verheiratet
Uwes Gedicht zum Tag der Hochzeit im Juni 1989! Von Maria stammt das "Ja"!
Uwes Gedicht zum Tag der Hochzeit im Juni 1989! Von Maria stammt das "Ja"!

Heinrich von Kleist an Henriette Vogel, 1811

 

Mein Jettchen, mein Herzchen, mein Liebes, mein Täubchen, mein Leben, mein Liebes, süßes Leben, mein Lebenslicht, mein Alles, mein Hab und Gut, meine Schlösser, Äcker, Wiesen und Weinberge, Sonne meines Lebens, Sonne, Mond und Sterne, Himmel und Erde, meine Vergangenheit und Zukunft, meine Braut, mein Mädchen, meine liebe Freundin, mein Innerstes, mein Herzblut, meine Eingeweide,

mein Augenstern, oh Liebste, wie nenn ich dich? Mein Goldkind, meine Perle, mein Edelstein, meine Krone, meine Königin, meine Kaiserin, Du lieber Liebling meines Herzens, mein Höchstes und Teuerstes, mein Alles und Jedes, mein Weib, meine Hochzeit, die Taufe meiner Kinder, mein Trauerspiel, mein Nachruhm, Ach du bist mein zweites, besseres Ich, meine Tugenden, meine Verdienste, meine Hoffnung, die Vergebung meiner Sünden, meine Zukunft und Seligkeit, o Himmelstöchterchen, mein Gotteskind, meine Fürsprecherin und Fürbitterin, mein Schutzengel, mein Cherubim und Seraph, wie lieb‘ ich Dich!

Tragisches Ende: Am 21. November 1811 erschießt Heinrich von Kleist (1777-1811) seine Geliebte Henriette Vogel mit einem Schuss in die Brust und dann sich selbst mit einem Schuss in den Mund. Sie werden tot am Ufer des Wannsees aufgefunden. Kleist trug sich schon länger mit Selbstmordgedanken, Henriette wollte aufgrund ihrer Krebserkrankung sterben. Die beiden hatten sich erst kurz zuvor kennen gelernt.

Weitere Infos zu Heinrich von Kleist gibt es hier.


von Anja gesendet

der Brief im Original

Das Digitalisat wurde von der Klassik Stiftung Weimar zur Verfügung gestellt

Wielands Brief (Auszug) übertragen ins Deutsche von Anette Roth

 

Wieland an Sophie von La Roche, August 1765

 

(...) Ich weiß nicht, in welcher Stimmung ich bin, sicherlich in keiner, Unsinn zu reden. Wenn ich Sie langweile, so ist das schade für Sie,  denn ich bin noch nicht fertig. Gott sei Dank ist dieses Blatt noch weiß! Ich bin nicht der Mann, der Sie auch nur mit der geringsten Torheit, die hier ihren Platz finden könnte, verschont. Ich verspüre das Verlangen, Ihnen, bei allem Respekt, schöne Dinge zu sagen. Wissen Sie denn, meine liebe alte Bekannte, dass Sie sehr gut daran tun, ein wenig Freundschaft mit mir zu pflegen? Ein bisschen Freundschaft – ihr ungerechten Götter! Was ist schon ein bisschen Freundschaft im Vergleich zu all den Gefühlen, die ich in meinem stillen Herzen trage! Grausam! Sie fühlen nicht, wie viel Wiedergutmachung Sie mir schulden. Wie viel durch Sie der Öffentlichkeit und der Nachwelt an all den schönen Versen vorenthalten wurde, die ich noch geschrieben hätte, wenn Sie weiterhin die Rolle meiner Muse übernommen hätten.
Sie, die Sie die wahre und einzige Ursache für all die Untreue sind, die ich so vielen liebenswerten Frauen angetan habe, die Sie mir das Recht Sie zu lieben genommen haben, ohne mir jedoch die Fähigkeit zu verleihen eine andere Person als nur Sie  zu lieben. Um mich abzulenken, werde ich einem anderen schönen Mädchen oder einer anderen Frau nunmehr mechanisch Dinge sagen können, die ich eigentlich einzig und allein für Sie empfinde.
Die armen Schafe  glauben mir aufs Wort, sie empfinden aus Dankbarkeit die schönsten Dinge der Welt, ich hingegen langweile mich. So stellt man fest,  dass der Herr nichts empfindet und jammert bitter darüber. Soll man doch Ihnen nachstellen, nicht mir, ich wasche meine Hände in Unschuld. Ich bin dazu gemacht, nur Sie zu lieben, und ich werde mein Schicksal erfüllen. Ich werde Sie wider alle Sterne, Sie selbst und alle Äbte dieser Welt  lieben. Ich selbst habe keinen Anspruch auf Ihre Rückkehr. Ich verdiene sie auch nicht. Ich liebe Sie, weil das Schicksal meines Horoskops mich dazu verdammt und bin wütend über die Treue, die ich Ihnen bei all meiner Untreue zu halten verpflichtet bin. Nicht mich muss man schimpfen, wenn (um endlich etwas Vernünftiges zu sagen?) ein Blick von Sophie genügt, um alle anderen Frauen aus meinem Herzen auszulöschen.
Ich bin zu geizig, um ein neues Blatt zu nehmen. Nun sind Sie mit nur so wenigen Worten davongekommen. Leben Sie wohl, meine Freundin. Bis dass der Tod etc….

Sophie Gutermann, die spätere Sophie von La Roche (1730-1807), ist die Großcousine von Christoph Martin Wieland (1733-1813). Er lernt sie kennen, als sie zu Besuch bei seinen Eltern in Biberach ist. Wieland verliebt sich in sie. Die beiden verloben sich, doch Sophie löst sich 1753 von dieser Bindung, um Georg Michael Frank von La Roche zu heiraten, den vermutlich unehelichen Sohn des Grafen von Stadion. Wieland, der mittlerweile in Bern wohnt, ist zutiefst unglücklich über Sophies Entscheidung. Doch es kommt zu vielen Wiedersehen und einer lebenslangen Freundschaft und engen Verbundenheit: In den 1760er-Jahren leben sowohl Sophie von La Roche als auch Christoph Martin Wieland in Biberach – Sophie von La Roche auf Schloss Warthausen, Wieland als Kanzleiverwalter in seiner Dienstwohnung neben dem Rathaus. Wieland gibt zudem sowohl La Roches erstes als auch ihr letztes Werk heraus. Mitunter durch Wielands Unterstützung geht Sophie von La Roche als Deutschlands erste Bestsellerautorin in die Literaturgeschichte ein.

  

Die Briefe an Sophie von La Roche verfasst Wieland hauptsächlich in französischer Sprache, die seit dem 17. Jahrhundert als europäische Kultursprache gilt. Gewiss ist es in Wielands Interesse, sich bei seiner Verehrten als besonders gelehrt zu zeigen und sein Sprachtalent unter Beweis zu stellen. Auch La Roches Antworten sind in Französisch geschrieben.

  

*****

 

Nach der Trennung von Sophie im Jahr 1753 vergnügt sich Wieland in Zürich zunächst mit älteren Damen. 1759 zieht er nach Bern und lernt dort Julie Bondeli kennen, die er „mehr hässlich als schön“ findet. Kurze Zeit später verlobt er sich mit ihr, lässt sie jedoch 1760 sitzen, um als Kanzleiverwalter in Biberach zu arbeiten. Hier verliebt sich der mittlerweile 28-jährige Wieland 1761 in die 19-jährige Sängerin Christine Hogel (genannt „Bibi“). Er möchte sie heiraten, aber er ist evangelisch und sie katholisch – ein Skandal in Biberach zu jener Zeit. Selbst als Bibi 1764 ein Kind von Wieland bekommt, ist es den beiden nicht möglich, zu heiraten. Das Kind verstirbt nach wenigen Monaten und die Spuren von Bibi verlieren sich, als sie Biberach verlässt. 1765 heiratet Wieland im Alter von 32 Jahren die 19-jährige Anna Dorothea von Hillenbrand aus Augsburg. Es ist eine von den Eltern arrangierte Ehe. Doch spätere Briefe zeigen, dass Wieland eine tiefe Zuneigung zu seiner Ehefrau entwickelte. Die beiden bekommen 14 Kinder, acht von ihnen erreichen das Erwachsenenalter.

 

liebe und Ehe im 18. jahrhundert

Heutzutage ist es für uns normal, aus Liebe zu heiraten. Doch im 18. Jahrhundert war die so genannte "Vernunftehe" noch die Norm. Man heiratete aufgrund von sozialem Status, Vermögensverhältnissen und religiöser Zugehörigkeit.  Während man jedoch das Fremdgehen des Ehegattens im 18. Jahrhundert als Bagatelle ansah, begegnete man ‚gefallenen‘ Frauen mit Verachtung. Besonders Frauen betrachteten diese Frauen mit Verachtung und grenzten sie aus. Darüber hinaus gab es eine klare Rollenzuschreibung im Bildungsbürgertum: In den 1770er und 1780er Jahren wurde die Frau auf ihren Wirkungskreis als Hausfrau, Mutter und Ehefrau beschränkt. Galt die Frau bis dahin in Folge von Evas Erbsünde als Verführerin des Mannes, so wird gegen Ende des 18. Jahrhunderts die sexuelle Lust des Mannes in den Fokus gerückt und die Frau zum sexuellen Opfer erklärt. Diese weibliche Viktimisierung ging einher mit der Annahme, die weibliche Natur sei sexuell passiver, zurückhaltender, feinfühliger und sittlich gefestigter als die des Mannes. Erst an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert wird die 'romantische Liebe' zum vorrangigen Heiratsgrund.


Love Letters in der Unterführung? Liebe im Untergrund? Liebe im Abgrund? Besser: Liebe mit Tiefgang! Da wir aufgrund des Abstandsgebots in Zeiten von Corona nicht wie geplant unsere Ausstellung "Love Letters" im Wieland-Archiv zeigen konnten, kommt die Ausstellung zu Euch in die Unterführung an der Kreuzung Waldseer Straße - Königsbergallee! Wenngleich wir nicht die gesamte Ausstellung hier zeigen können, so gibt es zumindest eine Auswahl der schönsten Liebesbotschaften deutscher Autorinnen und Autoren. Nach und nach werden wir auf dieser Seite Informationen zu den Liebesbriefen hochladen - vor allem aber in Kombination mit Euren Bildern und Videos mit Rezitationen und eigenen Texten!


"Love Letters" oder Liebe mit Tiefgang in der Unterführung!


Wir suchen Menschen, die uns die hier gezeigten Briefzitate in kurzer oder langer Form (einsehbar über QR-Codes) einlesen oder selbst kreativ werden. Bitte nutzt dazu die Aufnahmefunktion Eures Smartphones oder nehmt ein Video von Euch (auch gerne versehen mit einem Gruß an Eure(n) Liebste(n)!) auf. Wir freuen uns auch über Fotos von Euch in der Unterführung. Ihr könnt uns die Sprachnachrichten, Videos und Fotos via WhatsApp auf folgende Nummer senden: 07351 51-458. Die besten drei Einreichungen gewinnen eine exklusive Führung für 2 Personen durch die Ausstellung im Wieland-Archiv mit einem anschließenden Glas Champagner im Wieland-Gartenhaus – im Museum zu zweit allein.


Mit dem Senden Eurer Nachricht erklärt Ihr Euch damit einverstanden, dass die Inhalte weiterverarbeitet werden und über die Homepage und die sozialen Netzwerke der Wieland-Stiftung geteilt werden. Für die Veröffentlichung werden Eure Vornamen, nach Wunsch auch Euer voller Name, verwendet. Weitere personenbezogene Daten werden von Seiten der Wieland-Stiftung nicht an Dritte weitergegeben. Mit dem Verwenden von WhatsApp erklärt Ihr Euch mit dem dort allgemein gewährten Datenschutz einverstanden.
Weitere Informationen zum Datenschutz findet Ihr auf der Homepage der Stadt Biberach – Rubrik Datenschutz oder bei der Stadt Biberach, Renate Werner, behördliche Datenschutzbeauftragte, Telefon: 07351 51-9191 oder E-Mail: datenschutz@biberach-riss.de


Zum Projekt

Liebesbriefe sind damals wie heute Ausdruck von Sehnsüchten, Träumen, von unerfüllten Erwartungen, erotischem Begehren oder gegenseitig erwidernden Liebesbekundungen. Auch wenn der klassische Liebesbrief heutzutage weitestgehend durch SMS, Tweets, WhatsApp und E-Mails ersetzt wurde, so haben Liebesbotschaften noch immer Konjunktur. Die Wieland-Stiftung präsentiert in dieser hybriden Ausstellung Liebesbriefe von Christoph Martin Wieland sowie weiteren deutschen Autor*innen wie Johann Wolfgang von Goethe, Kurt Tucholsky oder Ingeborg Bachmann.

 

Die Texte in voller Länge und Hintergrundinformationen findet Ihr über den jeweiligen QR-Code in der Unterführung. Die Ausstellung ist auch analog im Wieland-Archiv zu sehen. Love Letters ist ein Projekt der Wieland-Stiftung. Das Projekt wird gefördert aus Landesmitteln durch die Arbeitsstelle für literarische Museen in Baden-Württemberg (Deutsches Literaturarchiv Marbach) sowie der Bruno-Frey-Stiftung. Die Ausstellung wurde von der Werbeagentur Elsner gestaltet.