mach mit!

Wir suchen Rezitationskünstler, Wortakrobaten und Fototalente! Schick uns Sprachaufnahmen, Videos und Fotos per WhatsApp an die Wieland-Stiftung unter 07351 51-458. Weitere Informationen zum Projekt und Angaben zum Datenschutz findet ihr hier.


Brentano in Love

Es ist ein Skandal in der Literaturszene des frühen 19. Jahrhunderts: Clemens Brentano (1778-1842) aus gutem Hause heiratet 1803 die acht Jahre ältere, geschiedene Sophie Mereau – eine freiheitsliebende Autorin mit vielen Liebschaften. Nach der Hochzeit ziehen die beiden nach Heidelberg ins geistige Zentrum der Romantik. Die Ehe ist schwierig: Sophie Mereau feiert literarische Erfolge, während Clemens Brentano sie lieber als häusliches Weibchen bei sich hätte. Aus der Ehe gehen drei Kinder hervor. Zwei von ihnen sterben kurz nach der Geburt, beim dritten Kind stirbt auch Sophie Mereau (1806). 


Clemens Brentano an Sophie Mereau, 1804


Geliebtes Weib!
Du bist mein Weib, mein liebes, vorteffliches Weib, dies ist der erste Brief, den ich Dir ohne Sehnsucht schreiben kann, ich habe Dich nun, ich kann nicht mehr mit Recht betrübt sein, denn ich habe Dich ja, und durch Dich mich selbst, denn hier, wo mir alles ein Maß werden kann für meine Empfindung, fühle ich mich stolzer und unbewegter als sonst, ich bin nun hier ein Zuschauer geworden, wo ich sonst wie ein armer Suchender herumging, denn ich habe Dich ja, Du liebst mich, ich bin nicht mehr ausgestoßen von
 der Welt, Du bist mein liebes Weib, Du trägst mein Kind, und wir drei wollen alles werden für uns. (…) Nach Dir hat man mich gefragt, ob Du schön seist, ich hab gesagt, Du seist lieb, Christian aber hat auf die Frage, ob Du schön seist, geantwortet, sie ist kleiner als die Gundel und hat einen starken Busen, weiter kann ich nichts sagen, man freut sich meines Glückes und glaubt es, dass ich glücklich sei, so wie man heutzutag seinen Nebenmenschen liebt, um übrigens, weil Du es liebst, mich zu belustigen, will ich täglich ins Theater gehen und breche jetzt ab, denn es ist die Stunde.
Dein Clemens

 

 


Weitere Infos zu Clemens Brentano

Ein Überblick zu seinem Leben, Werk und seiner Wirkung gibt es beim Literaturland Thüringen hier


weitere Infos zu sophie Mereau

Ein kurzer Überblick zu Leben und Werk von Sophie Mereau findet sich ebenfalls beim Literturland Thüringen hier


ehe, Beruf und Gleichberechtigung

Frauen wurden auch Anfang des 19. Jahrhunderts rechtlich und gesellschaftlich nicht gleich behandelt. In der Französischen Verfassung von 1793, die jedoch niemals in Kraft trat, waren lediglich erwachsene Männer stimmberechtigt. Selbst moderne Denker wie Immanuel Kant schlossen die Frauen vom Wahlrecht aus. Den Frauen wurde zu dieser Zeit auch jegliches künstlerische Genie abgesprochen. Hier eine Aussage des Philosophen Johann Gottlieb Fichte: „Ist sie (die Schriftstellerin) verehelicht, so erhält sie durch ihren schriftstellerischen Ruhm eine von ihrem Gatten unabhängige Selbstständigkeit, die das eheliche Verhältnis notwendig entkräftet und zu lösen droht.“ Und auch in literarischen Werken wird das Bild der Frau als treu sorgende Ehefrau und Mutter in einem gut organisierten Haushalt propagiert.