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wieland in love

 ...un regard de Sophie suffit pour effacer toutes les autres femmes de mon Coeur.

Ein Blick von Sophie genügt, um alle anderen Frauen in meinem Herzen auszulöschen.

 

Christoph Martin Wieland an Sophie von La Roche, 1765

 

Sophie Gutermann, die spätere Sophie von La Roche (1730-1807), ist die Großcousine von Christoph Martin Wieland (1733-1813). Er lernt sie kennen, als sie zu Besuch bei seinen Eltern in Biberach ist. Wieland verliebt sich in sie. Die beiden verloben sich, doch Sophie löst sich 1753 von dieser Bindung, um Georg Michael Frank von La Roche zu heiraten, den vermutlich unehelichen Sohn des Grafen von Stadion. Wieland, der mittlerweile in Bern wohnt, ist zutiefst unglücklich über Sophies Entscheidung. Doch es kommt zu vielen Wiedersehen und einer lebenslangen Freundschaft und engen Verbundenheit: In den 1760er-Jahren leben sowohl Sophie von La Roche als auch Christoph Martin Wieland in Biberach – Sophie von La Roche auf Schloss Warthausen, Wieland als Kanzleiverwalter in seiner Dienstwohnung neben dem Rathaus. Wieland gibt zudem sowohl La Roches erstes als auch ihr letztes Werk heraus. Mitunter durch Wielands Unterstützung geht Sophie von La Roche als Deutschlands erste Bestsellerautorin in die Literaturgeschichte ein.

  

Die Briefe an Sophie von La Roche verfasst Wieland hauptsächlich in französischer Sprache, die seit dem 17. Jahrhundert als europäische Kultursprache gilt. Gewiss ist es in Wielands Interesse, sich bei seiner Verehrten als besonders gelehrt zu zeigen und sein Sprachtalent unter Beweis zu stellen. Auch La Roches Antworten sind in Französisch geschrieben.

  

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Nach der Trennung von Sophie im Jahr 1753 vergnügt sich Wieland in Zürich zunächst mit älteren Damen. 1759 zieht er nach Bern und lernt dort Julie Bondeli kennen, die er „mehr hässlich als schön“ findet. Kurze Zeit später verlobt er sich mit ihr, lässt sie jedoch 1760 sitzen, um als Kanzleiverwalter in Biberach zu arbeiten. Hier verliebt sich der mittlerweile 28-jährige Wieland 1761 in die 19-jährige Sängerin Christine Hogel (genannt „Bibi“). Er möchte sie heiraten, aber er ist evangelisch und sie katholisch – ein Skandal in Biberach zu jener Zeit. Selbst als Bibi 1764 ein Kind von Wieland bekommt, ist es den beiden nicht möglich, zu heiraten. Das Kind verstirbt nach wenigen Monaten und die Spuren von Bibi verlieren sich, als sie Biberach verlässt. 1765 heiratet Wieland im Alter von 32 Jahren die 19-jährige Anna Dorothea von Hillenbrand aus Augsburg. Es ist eine von den Eltern arrangierte Ehe. Doch spätere Briefe zeigen, dass Wieland eine tiefe Zuneigung zu seiner Ehefrau entwickelte. Die beiden bekommen 14 Kinder, acht von ihnen erreichen das Erwachsenenalter.

 


der vollständige Brief

Die Digitalisate wurden von der Klassik Stiftung Weimar zur Verfügung gestellt.


Wielands Brief (auszug) übertragen ins Deutsche von Anette Roth

Wieland an Sophie von La Roche, August 1765

 

(...) Ich weiß nicht, in welcher Stimmung ich bin, sicherlich in keiner, Unsinn zu reden. Wenn ich Sie langweile, so ist das schade für Sie,  denn ich bin noch nicht fertig. Gott sei Dank ist dieses Blatt noch weiß! Ich bin nicht der Mann, der Sie auch nur mit der geringsten Torheit, die hier ihren Platz finden könnte, verschont. Ich verspüre das Verlangen, Ihnen, bei allem Respekt, schöne Dinge zu sagen. Wissen Sie denn, meine liebe alte Bekannte, dass Sie sehr gut daran tun, ein wenig Freundschaft mit mir zu pflegen? Ein bisschen Freundschaft – ihr ungerechten Götter! Was ist schon ein bisschen Freundschaft im Vergleich zu all den Gefühlen, die ich in meinem stillen Herzen trage! Grausam! Sie fühlen nicht, wie viel Wiedergutmachung Sie mir schulden. Wie viel durch Sie der Öffentlichkeit und der Nachwelt an all den schönen Versen vorenthalten wurde, die ich noch geschrieben hätte, wenn Sie weiterhin die Rolle meiner Muse übernommen hätten.
Sie, die Sie die wahre und einzige Ursache für all die Untreue sind, die ich so vielen liebenswerten Frauen angetan habe, die Sie mir das Recht Sie zu lieben genommen haben, ohne mir jedoch die Fähigkeit zu verleihen eine andere Person als nur Sie  zu lieben. Um mich abzulenken, werde ich einem anderen schönen Mädchen oder einer anderen Frau nunmehr mechanisch Dinge sagen können, die ich eigentlich einzig und allein für Sie empfinde.
Die armen Schafe  glauben mir aufs Wort, sie empfinden aus Dankbarkeit die schönsten Dinge der Welt, ich hingegen langweile mich. So stellt man fest,  dass der Herr nichts empfindet und jammert bitter darüber. Soll man doch Ihnen nachstellen, nicht mir, ich wasche meine Hände in Unschuld. Ich bin dazu gemacht, nur Sie zu lieben, und ich werde mein Schicksal erfüllen. Ich werde Sie wider alle Sterne, Sie selbst und alle Äbte dieser Welt  lieben. Ich selbst habe keinen Anspruch auf Ihre Rückkehr. Ich verdiene sie auch nicht. Ich liebe Sie, weil das Schicksal meines Horoskops mich dazu verdammt und bin wütend über die Treue, die ich Ihnen bei all meiner Untreue zu halten verpflichtet bin. Nicht mich muss man schimpfen, wenn (um endlich etwas Vernünftiges zu sagen?) ein Blick von Sophie genügt, um alle anderen Frauen aus meinem Herzen auszulöschen.
Ich bin zu geizig, um ein neues Blatt zu nehmen. Nun sind Sie mit nur so wenigen Worten davongekommen. Leben Sie wohl, meine Freundin. Bis dass der Tod etc….

 


Liebe und Ehe im 18. JAhrhundert

Heutzutage ist es für uns normal, aus Liebe zu heiraten. Doch im 18. Jahrhundert war die so genannte "Vernunftehe" noch die Norm. Man heiratete aufgrund von sozialem Status, Vermögensverhältnissen und religiöser Zugehörigkeit.  Während man jedoch das Fremdgehen des Ehegattens im 18. Jahrhundert als Bagatelle ansah, begegnete man ‚gefallenen‘ Frauen mit Verachtung. Besonders Frauen betrachteten diese Frauen mit Verachtung und grenzten sie aus. Darüber hinaus gab es eine klare Rollenzuschreibung im Bildungsbürgertum: In den 1770er und 1780er Jahren wurde die Frau auf ihren Wirkungskreis als Hausfrau, Mutter und Ehefrau beschränkt. Galt die Frau bis dahin in Folge von Evas Erbsünde als Verführerin des Mannes, so wird gegen Ende des 18. Jahrhunderts die sexuelle Lust des Mannes in den Fokus gerückt und die Frau zum sexuellen Opfer erklärt. Diese weibliche Viktimisierung ging einher mit der Annahme, die weibliche Natur sei sexuell passiver, zurückhaltender, feinfühliger und sittlich gefestigter als die des Mannes. Erst an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert wird die 'romantische Liebe' zum vorrangigen Heiratsgrund.


Weitere Infos zu Wieland

Es gibt einen authentischen literarischen Ort in Biberach, den Ihr besuchen könnt: Das Wieland-Museum (Saudengasse 10). Weitere Infos zum Museum und zu Christoph Martin Wieland findet Ihr hier im Video von Regio TV!

 


weitere authentische Orte

...findest du auf http://wieland-literatour.de/